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Rudolf Kaltenbach | |
Telefon: | 01 75/7 56 28 72 |
Website: | steineohnegrenzen.jimdo.com |
Grenzen für „Steine ohne Grenzen“
Stand: März 2016
Die Welt kommt nach Berlin, bisher einmal im Jahr. Nun ist die Welt in Berlin-Buch, aufgrund der Containersiedlung für Flüchtlinge, die auf einem Freigelände an der Karower Chaussee, der unrealisierten „Brunnengalerie“, eingerichtet worden ist.
Während manche sich über die Problematik die Köpfe heiß reden, wollten zwei renommierte Künstler Nägel mit Köpfen machen. 2016 geht das ungewöhnliche Bildhauerprojekt von Silvia Fohrer und Rudolf Kaltenbach bereits in die zweite Runde.
Kolosse für die Region
„Jetzt gilt es, die angefangenen Werke durch Feinarbeit fortzuführen“, erläutern die beiden. Sie haben bereits viel Erfahrung mit Weltoffenheit. So laden sie seit 2001 renommierte Steinkünstler aus vielen Ländern zum von ihnen initiierten Symposium „Steine ohne Grenzen“. 2015 war das elfte Treffen dieser Art. Dabei werden tonnenschwere Gesteinsbrocken zu Aufsehen erregenden Kunstwerken mit oft sehr filigranen Einzelheiten, die man bei diesem härtesten aller Materialien kaum für möglich halten würde. Das Schöne dabei: Nach dem Treffen bleibt die Kunst in der Regel vor Ort in Berlin-Buch und Umgebung, denn die Kolosse lassen sich kaum bezahlbar transportieren! Damit kommen der nördlichste Stadtteil von Berlin und teilweise das angrenzende Brandenburg zu immer neuen Anziehungspunkten, die man in der freien Natur völlig kostenlos besichtigen und genießen kann. Dazu gehören manche exponierte Stellen, so die zentrale Kreuzung Alt Buch-Karower Chaussee.
Eingesperrte Kunst
Diese Freiheit gibt es für die neuen Arbeiten leider nicht. Diese Kunst ist eingesperrt, hinter Maschendraht und schwerem Eisengitter. Denn während rundum gefordert wird, dass Flüchtlinge möglichst schnell bei uns integriert werden, sind sie im „Refugium“ Berlin-Buch rundum „geschützt“. Sogar Künstler Rudolf Kaltenbach, der wochenlang hier ein- und ausging, muss sich beim Pressetermin mit uns vom Wachdienst per Ausweis registrieren lassen, obwohl ihn jeder kennt. „Vorschriften, wegen der Sicherheit“, lautet die typisch-deutsche lapidare Begründung. Vorher bereits musste er ein „erweitertes Führungszeugnis“ einreichen, um sein Kunstprojekt überhaupt ins Leben rufen zu „dürfen“.
25 Nationen
Die welterfahrenen Künstler und Symposium-Veranstalter mussten in dem spannenden Projekt viele, selbst für sie neue, Erfahrungen machen: „Wir hatten Menschen aus 25 Nationen, die begannen, mit uns an den Steinen zu arbeiten. Es galt, eine gemeinsame Sprache finden. Bereits die Begrüßung erforderte Gewöhnung. Wie bei uns üblich, wollte ich jedem die Hand geben. In anderen Kulturen ist dies aber unüblich. Muslimischen Frauen ist körperlicher Kontakt nur mit dem eigenen Ehemann gestattet.“
Zensierende Fürsorge
Dazu kommt die große „Fürsorge“, die im von der AWO-Mitte geleiteten „Refugium“ für die knapp 500 Bewohner gilt. So mussten die Initiatoren des ungewöhnlichen Projekts bei Heimleiterin Juliane Willuhn eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, „zum Schutz der Persönlichkeitsrechte“ keine Fotos unzensiert zu veröffentlichen. Damit gelten im „Refugium“ also andere Gesetze als im Rest von Deutschland, wo jeder Erwachsene in Freiheit selbst über seine privaten Bildrechte verfügen kann. Diese Zensur dürfte bei den Asylbewerbern fatale Erinnerungen erwecken!
Liebe und Hoffnung
Sicher war Rudolf Kaltenbach mit seiner Vorliebe für knallbunte Lackschuhe und grelle Kopfbedeckung für die angehenden Steinkünstler ziemlich gewöhnungsbedürftig! Dennoch entstand ein beeindruckender Skulpturenpark. Die Reliefs drehen sich um Themen wie Bedrohung durch Bombenflugzeuge und Kriegserlebnisse. Sie setzen Zeichen für Liebe und Hoffnung. Ohren und Augen signalisieren Aufnahmebereitschaft, der Mund sehnt sich nach Liebe. „Im Frühsommer wird es mit dem Herausarbeiten von Details weitergehen“, kündigen Silvia Fohrer und Rudolf Kaltenbach an. Schade, dass man weiterhin diese spontane Kunst, in der sich so viel meist schlimme Erfahrung widerspiegelt, nur per Gitterblick sehen kann. Freiheit der Kunst hat damit in Berlin-Buch plötzlich Grenzen, die selbst die Initiatoren von „Steine ohne Grenzen“ in so enge Grenzen verweist, wie sie es mit ihrem Symposium seit fast 15 Jahren noch nie erlebt haben!